Eigenkapitalersatzgesetz

Eigenkapitalersatzgesetz (EKEG): Was ist bei der Gewährung von Gesellschafterdarlehen in der Krise zu beachten?

Das EKEG (Eigenkapitalersatz-Gesetz) definiert als einziges österreichisches Gesetz den Begriff Krise 1)§2 EKEG und schützt Gläubiger bereits vor dem Eintritt der materiellen Insolvenz. 2)vgl. Lichtkoppler/Reisch in Handbuch Unternehmenssanierung S. 29 Die (unüberlegte) Gewährung von Gesellschafterdarlehen in der Krise kann daher zu unvorhergesehenen (kostspieligen) Folgen führen.

Zuletzt aktualisiert am von Benedikt Brand

Wann gilt ein gewährtes Darlehen als eigenkapitalersetzend?

Aus §1 des EKEG geht hervor, dass ein in der Krise von Gesellschaftern gewährter Kredit Eigenkapital ersetzend ist. 3)§1 EKEG Er kann nicht zurückgefordert werden, solange die Gesellschaft nicht saniert und die Krise im Sinne des §2 EKEG überwunden ist.

Definition Unternehmenskrise gemäß EKEG

Die Gesellschaft befindet sich in der Krise, wenn sie

  • zahlungsunfähig (§ 66 IO) oder
  • überschuldet (§ 67 IO) ist oder wenn
  • die Eigenmittelquote (§ 23 URG) der Gesellschaft weniger als 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer (§ 24 URG) mehr als 15 Jahre betragen,

es sei denn, die Gesellschaft bedarf nicht der Reorganisation. 4)§2 (1) Z3 EKEG

Ausschlaggebend für das EKEG sind somit die Insolvenzeröffnungsgründe (§§66, 67 IO) sowie das Vorliegen der Unternehmenskennzahlen gemäß §23 und §24 URG.

Wer gilt im Sinne des Eigenkapitalersatzgesetzes als Gesellschaft?

Gesellschaften im Sinne des §1 EKEG sind

  1. Kapitalgesellschaften,
  2. Genossenschaften mit beschränkter Haftung sowie
  3. Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist

Sonderfragen: Wann ist ein Darlehen trotz Krise nicht eigenkapitalersetzend?

Das Gesetz sieht in den §§ 3 und 13 EKEG eine Reihe von Ausnahmen vor, die ein in der Krise gewährtes Darlehen als nicht eigenkapitalersetzend qualifizieren.

Was ist kein Kredit im Sinne des §1 EKEG?

Ein Kredit im Sinne des § 1 liegt demnach nicht vor, wenn

  1. ein Geldkredit für nicht mehr als 60 Tage oder
  2. ein Waren- oder sonstiger Kredit für nicht mehr als sechs Monate zur Verfügung gestellt wird oder
  3. ein vor der Krise gewährter Kredit verlängert oder dessen Rückzahlung gestundet wird. 5)§3 EKEG

Wann ist der Reorganisationsbedarf zu verneinen?

Besonders der letzte Halbsatz des §2 (1) EKEG „es sei denn, die Gesellschaft bedarf nicht der Reorganisation“ lässt darauf schließen, dass der Reorganisationsbedarf trotz Vorliegens der Vermutungskritieren (Bilanzkennzahlen) unter bestimmten Voraussetzungen verneint werden kann.6)vgl. Trenkwalder, Thornton in Pfandbestellung und Eigenkapitalersatz, ecolex 2011, 17

Welche Kriterien genau erfüllt werden müssen, wurde von der Judikatur des OGH (soweit überblickbar) noch nicht behandelt. Nach der Lehre ist ein Gutachten eines Wirtschaftstreuhänders einzuholen, das einen Reorganisationsbedarf verneint. 7)vergleiche Lichtkoppler/ Reisch in Handbuch Unternehmenssanierung RZ 1.69

Der Inhalt des Gutachtens richtet sich dabei an §26 Abs. 2 URG und hat Informationen darüber zu enthalten,

  1. ob die Fortbestandsprognose positiv ist,
  2. ob der Bestand des Unternehmens gefährdet ist,
  3. auf Grund welcher Umstände trotz Vorliegens der Kennzahlen nach § 22 Abs. 1 Z 1 kein Reorganisationsbedarf besteht,
  4. ob stille Reserven vorhanden sind und
  5. ob gesellschaftsrechtliche Beschlüsse, wie über eine Kapitalerhöhung, gefasst worden sind oder ein Verlustabdeckungsvertrag abgeschlossen worden ist.8)Details siehe §26 (2) URG9)vgl. Trenkwalder, Thornton in Pfandbestellung und Eigenkapitalersatz, ecolex 2011, 17

§13 Eigenkapitalersatzgesetz: Sanierungsprivileg

Wird ein in der Krise befindliches Unternehmen zum Zweck der Überwindung der Krise erworben, sind die im Rahmen eines Sanierungskonzepts neu gewährten Darlehen nicht als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren. Die Vergabe von Sanierungskrediten kann trotz Vorliegen einer Krise in Zusammenhang mit einem Beteiligungserwerb von den Regelungen des EKEG ausgenommen werden. 10)vgl. §13 EKEG

Weiterführende Informationen

Erfahren Sie mehr über

Erfasste Gesellschafter: Sind alle Gesellschafter (auch jene mit nur geringen Unternehmensanteilen) betroffen?

Der Gesetzgeber differenziert zwischen den Gesellschaftern und rechnet jene mit nur wenig Kontrolle und Unternehmensanteilen der Gruppe der Gläubiger statt jener der Gesellschafter zu.
Gesellschafter im Sinne des § 1 EKEG ist, wer

  1. an einer Gesellschaft kontrollierend oder
  2. mit einem Anteil von zumindest 25% beteiligt ist, (…), oder
  3. wie ein Gesellschafter, dem die Mehrheit der Stimmrechte zusteht, einen beherrschenden Einfluss auf eine Gesellschaft ausübt, selbst wenn er an dieser nicht beteiligt ist; (…).

Zusammengefasst: Ist ein Gesellschafter demnach mit

  • weniger als 25% beteiligt und
  • übt er keinen kontrollierenden Einfluss aus

so sind in der Krise gewährte Darlehen nicht eigenkapitalersetzend.

Können gewährte Sicherheiten ebenfalls als eigenkapitalersetzend eingestuft werden?

Ja. Auch die Bestellung von Sicherheiten von Gesellschaftern kann für einen an die Gesellschaft von einem Dritten gewährten Kredit im Zeitpunkt der Krise eigenkapitalersetzend sein. 11)siehe im Detail §15 EKEG

Fordert beispielsweise ein Gläubiger aufgrund von zuvor vereinbarten Covenants zusätzliche Sicherheiten seitens der Gesellschafter und verlangt dieser die Rückzahlung des Darlehens, so hat die Gesellschaft vor ihrer Sanierung einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Gesellschafter. 12)vgl. auch Lichtkoppler/ Reisch in Handbuch Unternehmenssanierung RZ 2.43

Wann kann ein eigenkapitalersetzendes Darlehen zurückgefordert werden?

Der Gesetzgeber sieht in § 14 (1) EKEG vor, dass ein eigenkapitalersetzendes Darlehen samt den darauf anfallenden Zinsen nicht zurückverlangt werden kann, solange die Gesellschaft nicht saniert ist.

Die Gesellschaft gilt demnach als nicht saniert, als sie

  • zahlungsunfähig 13)Details siehe §66 IO oder
  • überschuldet 14)Details siehe §67 IO ist oder
  • Reorganisationsbedarf (Eigenkapital unter 8% und fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre) besteht oder
  • einer dieser Umstände durch Rückzahlung des Eigenkapital ersetzenden Kredits eintreten würde.

Ab wann verjährt der Rückzahlungsanspruch?

Der Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft verjährt in fünf Jahren ab Zahlung oder sonstiger Befriedigung, wenn sie nicht beweist, dass der Ersatzpflichtige die Widerrechtlichkeit der Zahlung kannte.15)§14 (3) EKEG

Praxistipp

Im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens, insbesondere bei drohender Insolvenz, besteht die Gefahr, dass die Gleichbehandlung aller Gläubiger vereitelt wird. Neben des Eigenkapitalersatzrechts spielt daher im Zuge eines Insolvenzverfahrens die Anfechtung gewisser in §31 f. IO geregelter Rechtshandlungen eine große Rolle.

Sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung gegeben, ist die erhaltene Zahlung vom Anfechtungsgegner der Masse herauszugeben.

Fazit

Das Eigenkapitalersatzrecht schützt Gläubiger bereits vor dem Eintritt der materiellen Insolvenz. Im Rahmen von Finanzierungsbeiträgen von Gesellschaftern in Krisensituationen sollte neben der Erstellung eines sorgfältigen Sanierungskonzepts juristischer Rat eingeholt werden.

FAQ

Haben Sie Fragen zum EKEG oder benötigen Sie anwaltliche Unterstützung zur Vermeidung von Risiken im Zusammenhang mit in der Krise gewährten Gesellschafterdarlehen? Nehmen Sie Kontakt auf!

Um ein Unternehmen in der Praxis erfolgreich (gerichtlich) zu sanieren, ist vor allem die Erstellung eines Sanierungskonzepts notwendig. Dieses erfordert aufgrund der Komplexität und des gegebenen Zeitdrucks einen klar strukturierten Sanierungsablauf. Wie dieser aussehen kann, erfahren Sie im Artikel Unternehmenssanierung.

Ein Sanierungsverfahren ermöglicht die Sanierung und anschließende Fortführung eines insolventen Unternehmens. Das Sanierungsverfahren kann dabei mit und ohne Eigenverwaltung beantragt werden. Beachten Sie jedenfalls die gesetzlich geregelten Anforderungen an einen Sanierungsplan.

Ein Kredit im Sinne des § 1 EKEG liegt nicht vor, wenn

  1. ein Geldkredit für nicht mehr als 60 Tage oder
  2. ein Waren- oder sonstiger Kredit für nicht mehr als sechs Monate zur Verfügung gestellt wird oder
  3. ein vor der Krise gewährter Kredit verlängert oder dessen Rückzahlung gestundet wird.

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