Unternehmenssanierung

Unternehmenssanierung in der Praxis

Unternehmen in der Krise benötigen aufgrund der Komplexität und des Zeitdrucks ein agiles und schnell reagierendes Krisenmanagement. Es gilt Sachverhalte sowie die Bedürfnisse der Stakeholder zügig zu verstehen und geeignete Maßnahmen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen zu setzen. Vor allem ist ein klar strukturierter Sanierungsablauf unabdingbar.

Ziel dieses Artikels ist insbesondere den Ablauf einer Unternehmenssanierung in der Praxis vorzustellen sowie die Vor- und Nachteile der Sanierungsmöglichkeiten mit und ohne Insolvenzantrag (außergerichtliche Sanierung, Sanierungsverfahren mit und ohne Eigenverwaltung) gegenüberzustellen. Außerdem finden Sie hier zahlreiche weiterführende Links zu den Themen Fortbestehensprognose, Ablauf Sanierungsverfahren und außergerichtlicher Vergleich.

Phasen der Sanierung: Analyse / Bestandsaufnahme

Der Sanierungsprozess ist oftmals aufgrund der Komplexität sowie mangelnder Daten keine klare Abfolge von Tätigkeiten. Vielmehr handelt es sich um eine Reihe von zu lösenden Themengebieten, welche sich sowohl zeitlich als auch inhaltlich überschneiden können. Der Prozess einer Sanierung kann je nach Fortschreiten der Krise jedoch grob in 3 Phasen gegliedert werden.

  • Analyse / Bestandsaufnahme (ggfs. Sicherung der kurzfristigen Liquidität)
  • Erstellung eines Sanierungskonzepts / Sanierungsplans
  • Umsetzung & laufende Kontrolle

Im ersten Schritt ist eine Analyse des IST Zustandes (Statuserhebung) durchzuführen. Die Erfahrung zeigt, dass bei der Hinzuziehung von externen Beratern notleidende Unternehmen oftmals unter geringer Eigenkapitalausstattung sowie Ertrags- und Liquiditätsproblemen leiden. Außerdem ist in zahlreichen Fällen das Vertrauen der Stakeholder (insbesondere der Financiers in Form von Banken) zerrüttet, sodass Maßnahmen zur Sicherung des kurzfristigen Fortbestands oberste Priorität haben.

Das Ziel ist im ersten Schritt Zeit für die Erstellung eines Sanierungskonzepts zu gewinnen und die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu gewährleisten. Daher sind insbesondere

  • eine Stand-Still-Vereinbarung mit Banken und Financiers sowie
  • eine kurzfristige Finanzplanung

notwendig.

Sobald der Fortbestand und die Zahlungsfähigkeit für die Dauer der Erstellung eines Sanierungskonzepts gesichert ist, erfolgt eine umfangreiche Analyse

  • des Erfolgs, der Kapitalflussrechnung und Bilanz (in der Regel ist eine Analyse der letzten 2-3 Geschäftsjahre ausreichend)
  • des Marktumfeldes & der Entwicklung
  • der Verlustursachen und
  • Chancen/Potenziale

Insolvenzantragspflicht beachten

Oftmals kann in dieser Phase aufgrund von rechnerischen Überschuldung (= negatives Eigenkapital gemäß UGB) und einer möglichen insolvenzrechtlich relevanten Überschuldung die Erstellung einer Fortbestehensprognose notwendig sein. Beachten Sie außerdem die 60 Tages Frist bei der Insolvenzanmeldung.

Die Dauer der Analysephase hängt von der Größe des Unternehmens ab und liegt bei professionellen Interim-Managern und Beratern bei rund 3 Tagen bis 2 Wochen.

Erstellung Sanierungskonzept

Auf Basis der IST Daten werden von der Geschäftsleitung unter Hinzuziehung von externen Beratern finanz- und ertragswirtschaftliche Maßnahmen erarbeitet. Sofern begründete Zweifel an der Fortführung des Unternehmens aus eigener Kraft gegeben sind, besteht außerdem ein Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose.

Auch müssen je nach Stadium der Unternehmenskrise, die Optionen

in Erwägung gezogen und auf Erfolg bewertet werden.

Die Erstellung eines Sanierungskonzept kann in Abhängigkeit der Komplexität zwischen 1 und 8 Wochen dauern.

Sanierungsumsetzung & Controlling

Ein guter Plan rettet (leider) noch kein Unternehmen. Nun gilt es die gesetzten Ziele zügig umzusetzen und den Erfolg anhand von aussagekräftigen Erfolgskennzahlen zu messen. Es ist daher ein

  • Finanz- sowie
  • Maßnahmencontrolling einzuführen, um Schwächen zeitnah zu identifizieren und gegenzusteuern

Hier erfahren Sie mehr zum Thema Kennzahlenanalyse.

Wichtig für Geschäftsführer & Vorstände

In dieser Phase gilt es auch (die wichtigsten) Gläubiger und Gesellschafter über die wesentlichen Abläufe in Form eines Reportings zu informieren. Die Erfahrung zeigt, dass je mehr Informationen notleidende Unternehmen ihren Gläubigern zur Verfügung stellen, desto eher neigen diese der Geschäftsleitung zu vertrauen und einen Beitrag zur gemeinsamen Überwindung der Unternehmenskrise zu leisten. Falsche Erwartungen (insbesondere durch zu optimistische Unternehmensplanungen) wecken Begehrlichkeiten und sind oftmals der Beginn von (herben) Enttäuschungen und der Start zu einem Wechsel der Geschäftsleitung hin zu Interimsmanagern und Krisenberatern. Achten Sie daher als Teil der Geschäftsleitung unbedingt darauf das Vertrauen in Sie und die von Ihnen gesetzten Maßnahmen aufrecht zu erhalten.

Die nachfolgende Grafik fasst den Ablauf einer Unternehmenssanierung in der Praxis zusammen:

Ablauf Unternehmenssanierung

Formen der Unternehmensanierung

Die Wahl der geeigneten rechtlichen Sanierungsform hängt von einer Rohe von Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem:

  • Gläubigerstruktur
  • verfügbare Liquidität
  • Notwendigkeit der Schließung von Teilbereichen (auch Teilbereichschließung genannt)
  • Vertrauen der Financiers in Fähigkeit des Managements
  • möglicher Schaden durch Öffentlichkeitswirksamkeit der Eröffnung eines Sanierungsverfahrens

Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die Formen der Unternehmenssanierung:

Formen der Unternehmenssanierung

Außergerichtliche Sanierung (Vergleich)

Der Vergleich ist eine außergerichtliche Einigung zwischen dem Schuldner und den wesentlichen Gläubigern. Ein wesentlicher Vorteil ist die Vermeidung etwaiger Imageschäden durch die oftmals hohe mediale Aufmerksamkeit eines Insolvenzverfahrens. Auch sei die in der Regel höhere Quote, geringere Kosten und Flexibilität zu erwähnen. Eine genaue Analyse der Vor- und Nachteile sowie die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen sollten jedenfalls mit einem spezialisierten Anwalt sowie einem Unternehmensberater abgestimmt werden.

Weitere Informationen über Voraussetzungen zur Einleitung eines außergerichtlichen Vergleichs, den Ablauf, Vor- und Nachteile, mögliche Haftungen sowie Mustervorlagen finden sie hier: Überblick außergerichtlicher Vergleich

Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung

Die Voraussetzung für die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung sind

  • eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung,
  • Zahlungsunfähigkeit oder
  • drohende Zahlungsunfähigkeit

Den (nicht besicherten) Gläubigern wird im Zuge der Eröffnung eines Sanierungsverfahrens eine Quote von (zumindest) 30% angeboten. Je nach Höhe einer fiktiven Liquidationsquote muss den Gläubigern außerdem eine adäquate Barquote angeboten werden. Außerdem muss ein kostendeckendes Vermögen vorhanden sein oder ein Kostenvorschusses geleistet werden.

Weitere Informationen zum Ablauf des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung, Fristen, Voraussetzungen sowie Vor- und Nachteilen finden sie hier: Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung

Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung

Der Vorteil des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung ist die geringere Quotenerfordernis in Höhe von (zumindest) 20% (statt 30% bei Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung).
In dieser Variante bestellt das Gericht einen Masseverwalter, der die Befugnis (für die Dauer des Sanierungsverfahrens) über das Vermögen des Schuldners übernimmt.

Übertragende Sanierung

Unter dem Begriff „übertragende Sanierung“ wird die Übertragung eines Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils vom sanierungsbedürftigen Unternehmensträger auf einen anderen, bereits bestehenden oder neu zu gründenden Rechtsträger verstanden. 1)Ulla Reisch in Handbuch Unternehmenssanierung RZ 3.2
Das Ziel ist es Verbindlichkeiten und Risiken des Krisenunternehmens nicht zu übernehmen und wertvernichtende von gesunden Unternehmensteilen zu trennen. Ähnlich wie bei einer Teilbereichsschließung erfolgt eine Konzentration auf die Kernkompetenzen und die Aufgabe von verlustbringenden Randaktivitäten.
Auch hier gilt es die Vor- und Nachteile vorsichtig abzuwägen und mit spezialisierten Beratern sowie Anwälten im Rahmen der Erstellung eines Sanierungskonzepts abzustimmen.

Nachfolgende Grafik fasst die Vor- und Nachteile des Sanierungsverfahrens mit und ohne Eigenverwaltung sowie des außergerichtlichen Vergleichs zusammen:

Vorteile Sanierungsverfahren mit und ohne Eigenverwaltung

Insolvenzantragspflicht: Was tun, wenn es zu spät ist?

Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 66 und 67) vor, so ist dieses ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. 2)§69 IO.

§§ 66 und 67 IO regeln die Insolvenzantragspflicht und verpflichten Schuldner bei

  • Zahlungsunfähigkeit sowie
  • Überschuldung

einen entsprechenden Antrag zu stellen. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann ein Sanierungsverfahren beantragt werden.
Wird nicht rechtzeitig angemeldet, kann es zum Vorwurf einer Insolvenzverschleppung sowie Schadenersatzansprüchen kommen. Die 60 Tages Frist sollte daher unbedingt eingehalten werden.
Weitere Informationen zur Insolvenzantragspflicht sowie wie diese mittels der Erstellung einer Fortbestehensprognose vermieden werden kann, finden Sie im Artikel Fortbestehensprognose.

Fazit

Die Unternehmenssanierung erfolgt in der Praxis in 3 Phasen:

  • Analyse
  • Erstellung Sanierungskonzept
  • Sanierungsumsetzung und Controlling

Je nach Fortschreiten der Krise können aus finanzwirtschaftlicher Sicht folgende Sanierungsinstrumente herangezogen werden:

  • Außergerichtlicher Vergleich
  • Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
  • Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung
  • Übertragende Sanierung

Im Rahmen des Sanierungsprozesses sollten zur Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens jedenfalls unter Hinzuziehung von spezialisierten Beratern sowie Anwälten die Vor- und Nachteile der Sanierungsinstrumente sorgfältig abgewogen um im Rahmen eines Sanierungskonzepts festgehalten werden.

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