Leitfaden Fortbestehensprognose

Fortbestehensprognose (FBP): Tipps, Muster & Leitfaden 2016 zum Download

Zuletzt aktualisiert am von Benedikt Brand

Einleitung: Insolvenztatbestände & Fortbestehensprognose

Das Insolvenzrecht 1)§67 IO definiert die Überschuldung als eine von 2 Insolvenztatbeständen, welche die Beantragung eines Insolvenzantrags erfordert. Eine Insolvenzantragspflicht liegt dann vor, wenn die Fortbestehensprognose ungünstig ist sowie das nach Liquidationswerten bewertete Vermögen zur Befriedigung der Gläubiger im Liquidationsfall unzureichend ist.2)§§ 66, 67 IO

Der Zweck der Fortbestehensprognose ist lebensfähige Unternehmen von der Insolvenzantragspflicht freizustellen.

Bilanzielle und insolvenzrechtliche Überschuldung

Was ist eine Fortbestehensprognose?

Die Fortbestehensprognose ist ein Instrument der Überschuldungsprüfung 3)Seite 14, Leitfaden Fortbestehensprognose, Kammer der Wirtschaftstreuhänder, 2016 und hat aufgrund der Beseitigung der insolvenzrechtlich relevanten Überschuldung in der Praxis große Wichtigkeit erlangt.

Um einen einheitlichen Standard zu gewährleisten, wurde in einer Stellungnahme der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, der WKO und der KMU Forschung Austria im Jahr 2016 der Leitfaden Fortbestehensprognose aktualisiert.

Die FBP im Zuge der Jahresabschlusserstellung (Aufrechterhaltung der Going Concern Prämisse)

Neben der Bedeutung als Instrument der Überschuldungsprüfung hat die Fortbestehensprognose auch als Grundvoraussetzung für die Bilanzierung nach Going-Concern hohe Praxisrelevanz erlangt. 4)Details siehe KFS/RL 28 „Unternehmensfortführung gemäß § 201 Abs. 2 Z 2 UGB“

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 2 UGB ist jeder Unternehmer im Rahmen der Jahresabschlusserstellung verpflichtet eine Beurteilung darüber zu treffen, ob der Fortführung „tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen“.5)§ 201 Abs. 2 Z 2 UGB

Weist das Unternehmen beispielsweise eine geringe Eigenkapitalausstattung sowie laufende Verluste auf, so ist zu entscheiden, ob eine detaillierte Dokumentation in Form einer Fortbestehensprognose zur Aufrechterhaltung der Fortführungsprämisse notwendig ist.

Wer benötigt eine Fortbestehensprognose?

Im Hinblick auf die insolvenzrechtlich relevante Überschuldung normiert §67 IO 6)§67 IO, dass

  • Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist,
  • juristische Personen und
  • Verlassenschaften
  • auch bei Überschuldung ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegt.

    Wann benötigt ein Unternehmen eine Fortbestehensprognose?

    Die Gründe zu welchem Zeitpunkt ein Unternehmen eine Fortbestehensprognose jedenfalls benötigt, sind vielfältig und können abschließend nicht aufgelistet werden.7)Details siehe Leitfaden FBP Seite 17

    Grundsätzlich gilt, dass immer dann, wenn „das Fortbestehen eines Unternehmen zweifelhaft erscheint“, ein Anlass zur Erstellung einer Fortbestehensprognose besteht.

    Gemäß Leitfaden 8)Seite 17, Leitfaden Fortbestehensprognose, Kammer der Wirtschaftstreuhänder, 2016 scheint in folgenden Fällen die Erstellung einer detaillierten Fortbestehensprognose jedenfalls geboten:

  • Negatives Eigenkapital im (Entwurf des letzten) Jahresabschlusses 9)§225 (1) UGB
  • Verlust des halben Nennkapitals, bei anhaltend negativen Erwartungen
  • handfeste Krisensymptome, die eine weitere Verschlechterung der Unternehmenssituation erwarten lassen müssen und bei anhaltend negativen Ergebnissen zu einem Aufzehren des Eigenkapitals im nächsten Jahr führen könnten oder die sonst eine Bestandsgefährdung implizieren.
  • Negatives Eigenkapital – Überschuldung

    Ist das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht, so ist ein Posten “negatives Eigenkapital” in der Bilanz einzuführen und im Anhang zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt. 10)§225 Abs 1 UGB

    Negatives Eigenkapital liegt jedenfalls vor, wenn der Bilanzverlust

  • das eingefordertes Nennkapital (Grund-, Stammkapital)
  • die Kapitalrücklagen und
  • Gewinnrücklagen
  • gemäß §224 Absatz 3 UGB 11)§224 (3) UGB übersteigt.

    Die buchmäßige Überschuldung sollte nicht mit der insolvenzrechtlichen Überschuldung gleichgesetzt werden. Allerdings kann das negative Eigenkapital gemäß UGB in eine Überschuldung gemäß Insolvenzrecht münden.

    Die (leider oft gesehenen) bloßen Hinweise, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung gemäß §67 IO 12)§67 IO nicht vorliegt oder dass Gesellschafter für Verbindlichkeiten bürgen, ist nicht ausreichend. 13)Hofians in Straube, HGB II/RLG §225 Rz 4 Vielmehr ist eine zweistufige Überschuldungsprüfung (Status zu Liquidationswerten und Fortbestehensprognose) notwendig, um darzulegen warum keine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt.14)Leitfaden FBP S. 10

    Verlust des halben Nennkapitals

    Das Gesetz kennt für Gesellschaften mit beschränkter Haftung 15)§36 Absatz 2 GmbHG und Aktiengesellschaften 16)§83 AktG bei Verlust des halben Grund- beziehungsweise Stammkapitals die Pflicht eine General- beziehungsweise eine Hauptversammlung einzuberufen. Diese Bestimmung soll Gesellschafter und Aktionäre veranlassen sich mit der Unternehmenssituation zu befassen und geeignete Maßnahmen gegen eine drohende Insolvenz zu setzen 17)mehr dazu in Lichtkoppler/Reisch in Handbuch Unternehmenssanierung, Seite 13 ff..

    Weitere handfeste Krisensymptome

    Gemäß Leitfaden Fortbestehensprognose, können folgende weitere Krisensymptome (hier exemplarisch aufgezählt – die volle Liste finden Sie auf Seite 18 des Leitfadens) die Erstellung einer Fortbestehensprognose dringlich erscheinen lassen.

  • ungünstige finanzielle Schlüsselkennzahlen (zum Beispiel URG-Kennzahlen) 18)URG
  • Kredite mit festen Laufzeiten und nahenden Fälligkeitsdatum ohne Aussicht auf Verlängerung
    erhebliche Wertminderungen bei betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen und damit verbundene Verluste
  • angespannte finanzielle Situation im Konzernverbund
  • Schlüsselführungskräfte verlassen das Unternehmen ohne Aussicht auf adäquaten Ersatz
  • Engpässe bei der Beschaffung wichtiger Vorräte durch nicht beeinflussbare Umstände
  • Haftung & Anfechtung: Warum ist die rechtzeitige Erstellung einer Fortbestehensprognose wichtig?

    Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 66 und 67 IO) vor, so ist dieses ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen.19)§ 67 IO

    Erstellt die Geschäftsführung / der Vorstand die Fortbestehensprognose nicht rechtzeitig, kann es zu einem Vorwurf der schuldhaften Verzögerung des Insolvenzantrages kommen. Die (positive) Fortbestehensprognose schützt somit Organmitglieder vor den drohenden Haftungsgefahren einer Insolvenzverschleppung.20)vgl. Leitfaden FBP Seite 17

    Auch Banken und sonstige Geschäftspartner können sich mit dem Einfordern einer Fortbestehensprognose vor etwaigen Insolvenzanfechtungen 21)siehe auch §30 und §31 IO schützen.

    Es liegt daher im Interesse der Organmitglieder und Geschäftspartner, möglichst frühzeitig eine sorgfältige Prognose zu erstellen.22)vgl. Leitfaden FBP Seite 17

    Welche Folgen hat eine „negative“ Fortbestehensprognose?

    Kann eine Fortbestehensprognose nicht dargestellt werden, muss die Geschäftsleitung ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Insolvenz beantragen. 23)§69 IO

    Weiterführende Links

    Eine Insolvenzantragspflicht bedeutet noch nicht die Liquidation eines Unternehmens.

    Das österreichische Insolvenzrecht kennt das Sanierungsverfahren als gerichtliche Sanierungsvariante zur Entschuldung von insolventen Unternehmen. Auch ein außergerichtlicher Vergleich (stiller Ausgleich) oder die übertragende Sanierungen sind in der Praxis beliebt.

    Klicken Sie auf die hier angeführten Links, um Vorlagen und Praxistipps zu erhalten. Weitere Informationen und einen Überblick über Sanierungsmöglichkeiten finden Sie im Beitrag Unternehmenssanierung.

    Inhalte einer Fortbestehensprognose

    Bei der Erstellung einer Fortbestehensprognose ist vor allem zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der

  • Zahlungs- und
  • Lebensfähigkeit
  • die beiden entscheidenden Kriterien sind.

    Wichtig

    Im Ergebnis hat die Fortbestehensprognose eine begründete Aussage darüber zu treffen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann. 24)vergleiche dazu Seite 21, Leitfaden Fortbestehensprognose, Kammer der Wirtschaftstreuhänder, 2016

    Berater und Geschäftsführung sollten sich streng an die Formkriterien des Leitfadens halten, um sich vor den drohenden Haftungsgefahren einer Insolvenzverschleppung zu schützen.

    Folgende Inhalte sollten jedenfalls enthalten sein:

    Analyse des Unternehmensstatus und seines Umfelds

    Im Rahmen einer Analyse des Unternehmensstatus soll insbesondere auf folgende Inhalte näher eingegangen werden:

    Darstellung des Unternehmens

    Dazu gehören insbesondere Angaben zur

  • rechtlichen,
  • organisatorischen,
  • finanzwirtschaftlichen,
  • steuerrechtlichen,
  • operativen sowie
  • personalwirtschaftlichen Verhältnissen
  • Auch können die Entwicklung des Unternehmens, die Gesellschaftsstruktur sowie des Leistungsangebots für externe Stakeholder eine wertvolle Information darstellen.25)vgl. Leitfaden FBP S. 32

    Beachten Sie:

    Grundsätzlich ist im Zuge der Erstellung einer Fortbestehensprognose auch die Überwindung einer Informationsasymmetrie zwischen Unternehmen und externen Stakeholdern zu berücksichtigen. Die Erfahrung zeigt, dass je mehr Informationen notleidende Unternehmen seinen Gläubigern (insbesondere Banken) zur Verfügung stellen, desto eher neigen diese der Geschäftsführung zu vertrauen und einen Beitrag zur gemeinsamen Überwindung der Unternehmenskrise zu leisten. Falsche Erwartungen (insbesondere durch zu optimistische Unternehmensplanungen) wecken Begehrlichkeiten und sind oftmals der Beginn von (herben) Enttäuschungen auf Seiten der Gläubiger und der Start zu einem Wechsel der Geschäftsleitung hin zu Interimsmanagern und Krisenberatern.

    Lagebeurteilung Umfeld und Markt

    In diesem Abschnitt sollen insbesondere gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen und gegebenenfalls Branchenentwicklungen in die Fortbestehensprognose Eingang finden.
    Dazu gehört auch

  • die Analyse der Chancen & Risiken im Kontext von Mitbewerbern (beispielsweise in Form einer SWOT Analyse),
  • die Beziehung zu aktuellen Kunden und Lieferanten sowie
  • die Einbeziehung etwaiger Konkurrenzprodukte oder neuartige Technologien.
  • Wichtig ist auch die kritische Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität des Kerngeschäfts beziehungsweise der Kernprodukte.26)vgl. Leitfaden FBP S. 32

    Beachten Sie:

    Der wohl wichtigste Faktor bei der Erstellung der Fortbestehensprognose ist ein schlüssiges Gesamtkonzept. Bedenken Sie, dass die Prognose im Zweifelsfall einem gerichtlichen Gutachten standhalten muss. Tut sie dies nicht, könnte sich die Geschäftsleitung dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung gegenüberstehen.

    Lagebeurteilung Unternehmenssituation

    In diesem Abschnitt sind der Fokus auf

  • die Qualität der vorliegenden Finanzinformation (sind keine ausreichenden Daten vorhanden, muss darauf hingewiesen werden)
  • die historische Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage (im Fokus stehen hier die Umsätze, Kosten und Deckungsbeiträge der einzelnen Produktgruppen und Geschäftsbereiche)
  • die Analyse der Krisen- und Verlustursachen (dazu gehören unter anderem die Identifikation von Einmaleffekten sowie die Ermittlung des gesunden Kerngeschäfts) sowie
  • der Werthaltigkeit der Aktiv-Seite (Forderungen, immaterielle Vermögensgegenstände, Lagerbestände, Wertansätze von Beteiligungen) und nicht bilanzierter Zahlungsverpflichtungen (beispielsweise Eventualverbindlichkeiten)
  • zu legen.27)vgl. Leitfaden FBP S. 33

    Hauptfokus bei der Lagebeurteilung des Unternehmenssituation liegt in der Praxis auf der Analyse der Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage, die in Form einer Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung sowie Bilanzanalyse für die letzten 3 Jahre Eingang in die Fortbestehensprognose findet. (Weitere Informationen finden Sie im Artikel Kennzahlenanalyse) Diese ist Basis für die Erstellung der Sanierungsmaßnahmen sowie der Primär- und Sekundärprognose.

    Die nachfolgende Darstellung zeigt beispielhaft die Erfolgsrechnung eines fiktiven Unternehmens, wie sie in Fortbestehensprognosen zur Beurteilung der Ertragslage häufig zu sehen sind. Eine ähnliche Vorlage finden Sie auf Seite 40 des Leitfadens Fortbestehensprognose.

    Fortestehensprognose Erfolgsrechnung

    Beachten Sie:

    Bloße Zahlenkolonnen ohne jegliche Begründung werden einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Es ist daher zu empfehlen, neben einer tabellarischen Analyse der Erfolgs- und Kapitalflussrechnung sowie Bilanz, textlich deutlich die Verlustursachen zu dokumentieren.28)vgl. Leitfaden FBP S. 23

    Sanierungsmaßnahmen

    Sofern die wesentlichen Werttreiber und Verlustursachen der Unternehmens identifiziert sind, sollen geeignete Maßnahmen zur Überwindung der Krise identifiziert und dokumentiert werden. Dabei soll insbesondere auf folgende Abschnitte näher eingegangen werden:

    Beschreibung des zukünftigen Geschäftsmodells

    Oftmals kommt es im Zuge einer Unternehmenskrise zu einer (Teil-)Neuausrichtung des Unternehmens und Geschäftsmodells. Dieses muss nachvollziehbar beschrieben werden und kann – je nach Bedeutung der Restrukturierung – eine detaillierte Dokumentation der Strukturen (Produktion, Marketing, Beschaffung, Vertrieb etc.) erfordern.29)vgl. Leitfaden FBP S. 34

    Erläuterungen und Quantifizierung der Maßnahmen und Planungsannahmen

    Die Quantifizierung der Maßnahmen und Planungsannahmen müssen auf Basis der in der Analyse identifizierten Verlustursachen in der Fortbestehensprognose gezeigt werden. Es muss ersichtlich sein, welche Auswirkung die einzelnen Maßnahmen auf die (kurzfristige) Liquidität, den Erfolg und somit das Eigenkapital haben werden.30)vgl. Leitfaden FBP S. 34

    Oftmals ergibt die (kurzfristige) Planung einen Finanzierungsbedarf, der – zur Erreichung einer positiven Fortbestehensprognose – durch Maßnahmen intern beziehungsweise extern abgedeckt werden muss. Die einzelnen Finanzierungsmaßnahmen sind auf ihre Eignung zur Abdeckung der Finanzierungslücke hin zu beurteilen. 31)vgl. Leitfaden FBP Seite 35

    Hier eine exemplarische Aufzählung von möglichen finanzwirtschaftlichen Maßnahmen, die zur Deckung einer Finanzierungslücke herangezogen werden können.

    • Verkauf von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen
    • Sale & Lease Back
    • Lagerreduktion
    • Forderungsabbau
    • Fremdkapitalorientierte Maßnahmen
    • Rangrücktrittsvereinbarungen
    • Patronatserklräungen
    • Forderungsverzichte von Gläubigern
    • Debt-to-Equity Swap
    • Stundungen
    • Sanierungskredite
    • Kapitalerhöhung
    • Nachschüsse
    • (eigenkapitalersetzendes) Gesellschafterdarlehen
    • Hinzuziehung von Private Equity

    Angaben zur Umsetzung und Kontrolle des Sanierungskonzeptes

    Im Leitfaden auf Seite 35 werden die Begriffe

  • Sanierungsfähigkeit und
  • Sanierungswirksamkeit
  • voneinander unterschieden.
    Die Sanierungsfähigkeit soll am Anfang durch die Erstellung der Fortbestehensprognose mit überwiegender Wahrscheinlichkeit begründet sein, während die Sanierungswirksamkeit der Maßnahmen durch laufende Kontrollen Eingang in die Dokumentation finden soll. 32)vgl. Leitfaden Fortbestehensprognose Seite 35

    Prognoserechnungen & Planung

    Nach der Analyse der Verlustursachen sowie der Erarbeitung von finanz- sowie ertragswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen, erfolgt im Rahmen

  • der Primär- und
  • Sekundärprognose
  • die Darstellung der Prognose über das Fortbestehen des Unternehmens. Diese erfolgt mithilfe eines zweistufigen Ansatzes für einen Zeitraum von in der Regel 12 Monaten und anschließend im Zuge der Sekundärprognose in einem Zeitraum von 2 bis 3 Jahren.

    Primärprognose

    Die Primärprognose legt den Fokus auf die kurzfristige Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit in näherer Zukunft (in der Regel 12 Monate) und stellt

  • einen kurzfristigen Finanzplan
  • inklusive Erläuterungen und Prämissen dar.
  • Dieser soll durch eine Darstellung der Zu- und Abflüsse ergänzt werden.

    In der Praxis erfolgt die Primärprognose in der Regel auf Monatsbasis (manchmal sogar auf Wochenbasis) mit einem indirekten Finanzplan.

    Nachfolgende Vorlagen zeigen beispielhaft den direkten und indirekten Finanzplan auf Monatsbasis.33)Quelle: KFS/BW2 (zum Vergrößern klicken)

    Sekundärprognose

    Die Sekundärprognose muss glaubhaft darstellen, dass in weiterer Zukunft ein “Turnaround” beziehungsweise eine längerfristige positive Entwicklung erwartet und die Zahlungs- und Lebensfähigkeit aufrecht erhalten werden kann.

    Im Gegensatz zur Primärprognose – die ihren Fokus auf die kurzfristige Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit legt – konzentriert sich die Sekundärprognose somit auf das Gesamtkonzept sowie die Beurteilung ob mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Turnaround erreicht werden kann.

    Der Zeitraum in der positive Ergebnisse erwirtschaftet werden müssen, beträgt dabei 2 – 3 Jahre. Ist in diesem Zeitraum eine solche Entwicklung nicht glaubhaft darstellbar, ist darzulegen, mit welchen anderen beziehungsweise zusätzlichen Maßnahmen eine Befriedigung aller Gläubiger mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Grundsätzlich sind bei der Berücksichtigung des Zeithorizonts auch Branchenspezifika zu berücksichtigen. 34)vergleiche dazu Seite 21, Leitfaden Fortbestehensprognose

    Hier beispielhaft eine Planrechnung in tabellarischer Form: Eine ähnliche Vorlage finden Sie auf Seite 40 des Leitfadens Fortbestehensprognose.

    Fortbestehensprognose Muster - Sekundärprognose

    Wichtig

    Auch hier gilt: Reine Zahlenreihen reichen – so wie bei der Analyse – zur Dokumentation für die Planrechnung nicht aus. Es ist daher zu empfehlen, textlich die geplante Entwicklung zu dokumentieren.

    Zusammenfassung des Prognoseergebnisses

    Als Ergebnis der Fortbestehensprognose ist in einer Gesamtbeurteilung zu würdigen, ob das Unternehmen vor dem Hintergrund der getroffenen Annahmen und der daraus abgeleiteten Auswirkungen auf die zukünftige Liquiditäts- und Ertragslage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein wird, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und somit die Lebensfähigkeit aufrecht erhalten werden kann. 35)Seite 36, Leitfaden Fortbestehensprognose 2016

    Wer kann bei der Erstellung einer Fortbestehensprognose unterstützen?

    Wie bereits erwähnt ist die Erstellung einer fachgerechten Fortbestehensprognose sowohl zum Schutz der Geschäftsführung/ des Vorstandes im Hinblick auf Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit Insolvenzverschleppung sowie Gläubiger zur Vermeidung von Anfechtunsproblematiken essentiell. Daher rate ich eindringlich zu einer Hinzuziehung von spezialisierten Beratern.

    Kosten & Zeitaufwand

    Eine Kostenschätzung ohne eingehende Analyse des Unternehmens, kann nicht getroffen werden. Die Praxis zeigt allerdings, dass professionelle Berater für kleine bis mittelständische Unternehmen rund 5 bis 30 Beratertage benötigen. Seriöse Berater verrechnen rund zwischen 1.400 und 2.000. Euro zuzüglich Umsatzsteuer je Beratertag.

    Fazit

    Die Fortbestehensprognose ist ein Instrument der Überschuldungsprüfung und dient der Einschätzung, ob der Fortbestand des notleidenden Unternehmens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ziel ist die Feststellung ob der Insolvenztatbestand der Überschuldung gemäß §67 IO sowie eine Insolvenzantragspflicht ohne schuldhaftes Zögern binnen 60 Tagen gegeben ist.
    Im Hinblick auf mögliche Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit Insolvenzverschleppung und Anfechtungsthemen, hat die Fortbestehensprognose hohe Praxisrelevanz. Besonders finanzierende Banken und die Geschäftsleitung des notleidenden Unternehmens sind gut beraten rechtzeitig zu klären, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt.

    FAQ

    Im folgenden Abschnitt werden oft gestellte Fragen im Zusammenhang der Erstellung von Fortbestehensprognosen kurz zusammengefasst.

    Was ist nach Erstellung einer Fortbestehensprognose zu tun?

    Ist eine Fortbestehensprognose positiv, so entfällt die Insolvenzantragspflicht. Die Unternehmensführung hat allerdings darauf zu achten, dass die reale Geschäftsentwicklung mit jener der Prognoserechnung verglichen wird (laufende Soll-Ist Vergleiche). Die sich ergebenden Abweichungen müssen in regelmäßigen Abständen analysiert und interpretiert werden. Ergeben sich gravierende Abweichungen, wird die Erstellung einer neuen Prognose erforderlich sein.

    Wichtig ist auch die Dokumentation in der Fortbestehensprognose, wann und in welcher Form eine Berichterstattung beziehungsweise Dokumentation gegenüber welchen Partnern erfolgt. 36)vergleiche Seite 37, Fortbestehensprognose 2016

    Umfang: Wie umfangreich muss eine Fortbestehensprognose sein?

    Wie umfangreiche eine Fortbestehensprognose sein muss, kann abschließend nicht beantwortet werden. Gemäß Leitfaden Fortbestehensprognose haben

  • die Größe des Unternehmens (oder Unternehmensgruppe)
  • die Anzahl der Mitarbeiter
  • die Summe des Betriebsvermögens sowie
  • der erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben
  • einen wesentlichen Einfluss auf die Anzahl der Parameter, die bei einer solchen Prognose zu erstellen sind. 37)vergleiche Leitfaden Fortbestehensprognose Seite 20

    Muss eine Fortbestehensprognose für einen Konzern erstellt werden?

    Grundsätzlich ist auch im Unternehmensverbund auf eine Einzelbetrachtung der involvierten Gesellschaften abzuzielen.
    Mit anderen Worten: Jede Gesellschaft muss getrennt analysiert werden und braucht eine eigene Fortbestehensprognose.
    Im Ergebnis sollte ein Gesamtsanierungskonzept für den Unternehmensverbund und eine Ableitung der in diesem Konzept enthaltenen Maßnahmen/Effekte auf die Einzelgesellschaft erstellt werden, wobei eine Beurteilung auf Einzelgesellschaftsebene jedenfalls erforderlich ist. 38)vergleiche dazu Fortbestehensprognose 2016, Seite 29

    Was ist der Unterschied zwischen einer Fortführungsprognose und einer Fortbestehensprognose?

    Im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses gehört zu den grundlegenden Pflichten eines Unternehmers auch die Beurteilung der Fortführung des Unternehmens („Going concern-Prämisse“). 39)§ 201 Abs. 2 Z 2 UGB

  • GmbHs,
  • AGs,
  • SE,
  • alle eingetragenen Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet,
  • sowie alle sonstigen – nicht freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlich tätigen – Unternehmer, welche die Umsatzgrenze von EUR 700.000,- überschreiten,
  • müssen im Rahmen des Jahresabschlusses die Frage nach dem Fortbestand des Unternehmens stellen.
    Um diese Frage zu beantworten, ist eine Fortführungsprognose (Achtung: keine Fortbestehensprognose) notwendig. Diese ist, sofern

  • eine nachhaltige Gewinnsituation,
  • positives Eigenkapital,
  • leichter Zugriff auf finanzielle Mittel (z.B. offene Linien eines BMK) sowie
  • der grundsätzliche Fortführungswille
  • gegeben sind, ohne besonderen Nachweis gegeben.

    Eine Fortbestehensprognose ist ein Instrument der Überschuldungsprüfung und dient der Feststellung, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts und eine Insolvenzantragspflicht ohne schuldhaftes Zögern binnen 60 Tagen vorliegt.

    Referenzen[+]