Sanierungsplan: Muster, Vorlagen, Aufbau & Inhalte
Als Sanierungsverfahren werden jene Verfahren bezeichnet, bei denen der Schuldner mit dem Insolvenzantrag (spätestens jedoch bis zur Insolvenzeröffnung) einen Sanierungsplan vorlegt sowie dessen Annahme beantragt. Dieser muss zur Erhöhung der Erfolgschancen professionell vorbereitet und akribisch geplant sein.
In diesem Artikel erfahren Sie mehr über den Aufbau und Inhalte eines Sanierungsplans zur Vorbereitung einer gerichtlichen Unternehmenssanierung. Vorlage zur Berechnung der Quotenerfordernis und Beispiel inklusive!
Zuletzt aktualisiert am von Benedikt Brand
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Sanierungsplan?
Der Sanierungsplan dient der Vorbereitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens. Als Sanierungsverfahren wird das Insolvenzverfahren dann bezeichnet, wenn bei Eröffnung des vom Schuldner beantragten Verfahrens ein zulässiger Sanierungsplan vorliegt. Dieses kann in Form eines
- Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung (Quote 30%) oder
- mit Fremdverwaltung (Quote 20%) beantragt werden (in der Praxis selten)
Die nachfolgende Grafik zeigt die Formen der Unternehmenssanierung, welche überschuldeten Unternehmen in Österreich zur Verfügung stehen. Das Sanierungsverfahren ist dabei der Kategorie der gerichtlichen Insolvenzverfahren zuzuordnen.
Weiterführende Links
- Ablauf & Voraussetzungen eines Sanierungsverfahrens
- Außergerichtlicher Vergleich: Voraussetzungen, Ablauf, Vor- und Nachteile
- Wann ist ein Unternehmen zahlungsunfähig?
Vorteile
Der große Vorteil des Sanierungsplans ist die Möglichkeit einer Schuldenbefreiung auch gegen den Willen einzelner Gläubiger. Zu beachten ist, dass zur Annahme des Sanierungsplans
- die Zustimmung der Mehrheit der bei der Sanierungsplantagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger (Kopfmehrheit) als auch
- mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Insolvenzgläubiger (Kapitalmehrheit)
erforderlich ist.
Weitere Vorteile des Sanierungsverfahrens sind:
- Rücktrittsmöglichkeit des Insolvenzverwalters von beidseitig noch nicht zur Gänze erfüllten Verträgen 1)§21 IO
- Kündigung von Bestandsverträgen durch Insolvenzverwalter unter Einhaltung von Kündigungsfristen und Anmeldung von Schadenersatzansprüchen als Insolvenzforderung 2)§§23, 24 IO
- Begünstigte Beendigung von überflüssiger und wirtschaftlich unrentabler Arbeitsverhältnisse 3)§25 IO
Nachfolgende Tabelle zeigt die Vor- und Nachteile eines Sanierungsplans mit und ohne Eigenverwaltung.
Beachten Sie:
Das Sanierungsverfahren bietet eine Reihe von Vorteilen, die bei richtiger Nutzung maßgeblich zum Erfolg beitragen können. Kontaktieren Sie jedenfalls auf Insolvenzrecht spezialisierte Anwälte und Berater, um die Erfolgschancen zu erhöhen.
Voraussetzungen für Eröffnung & Unterlagen
Folgende Unterlagen müssen vor der Eröffnung des Verfahrens mit Eigenverwaltung vorgelegt werden:
- Sanierungsplan mit dem Angebot an die betroffenen Gläubiger binnen 2 Jahren eine Quote zu bezahlen (die Höhe richtet sich je nach Art des Sanierungsverfahrens: 30% bei Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung, 20% mit ohne Eigenverwaltung) (mittelfristiger Finanzplan)
- ein genaues Vermögensverzeichnis
- eine aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand, in der die Bestandteile des Vermögens auszuweisen und zu bewerten und die Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen und aufzugliedern sind (Status)
- eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage, aus der sich ergibt, wie die für die Fortführung des Unternehmens und die Bezahlung der Masseforderungen notwendigen Mittel aufgebracht und verwendet werden sollen (kurzfristiger Finanzplan)
- ein Gläubigerverzeichnis
- eine Übersicht darüber, wie die zur Erfüllung des Sanierungsplans nötigen Mittel aufgebracht werden sollen
- Angaben über die Anzahl der Beschäftigten und über deren im Unternehmen errichteten Organe
- Informationen über die zur Erfüllung des Sanierungsplans nötigen Reorganisationsmaßnahmen, insbesondere Finanzierungsmaßnahmen
- letzte 3 Jahresabschlüsse
Aufbau und Inhalte eines Sanierungsplans
Ein professionell erstellter Sanierungsplan sollte wie folgt aufgebaut sein:
- Unternehmensdarstellung: Rechtliche Situation, Unternehmensgegenstand, wesentliche Eckdaten, Personal
- Unternehmensanalyse: Marktumfeld & Analyse der letzten 3 Jahresabschlüsse: Erfolg, Kapitalflussrechnung und Bilanz (Status & Vermögensverzeichnis)
- Ermittlung Kapitalbedarf für Sanierungsplan
- Maßnahmenkatalog zur Erfüllung des Sanierungsplans
- Status zu Liquidationswerten
- Kurzfristiger Finanzplan: Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage
- Mittelfristiger Finanzplan: Übersicht über nötige Mittel zur Erfüllung des Sanierungsplans
- Anhang & sonstige Angaben: Gläubigerverzeichnis
Nachfolgende Darstellung fasst die wesentlichen wirtschaftlichen Inhalte und den Aufbau eines Sanierungsplans grafisch zusammen.
Unternehmensdarstellung
Folgende Angaben sollten im Kapitel Unternehmensdarstellung zur Erfassung und Verwaltung relevanter Kontakt- und Unternehmensdaten enthalten sein. Durch eine standardisierte Informationsverwaltung wird für alle Sanierungsbeteiligten ein umfassender Datenzugriff ermöglicht.
- Stammdaten: Bezeichnung Firma, Adresse, Homepage, Darstellung der gesellschaftlichen Struktur & Eigentümer, Kontaktdaten aller involvierten Projektmitglieder (Management, Sanierungsberater, Steuerberater, Anwälte, Eigentümer)
- Unternehmensgegenstand und Kurzdarstellung Business Modell: Vorstellung der wichtigsten Geschäftsfelder, Darstellung der wichtigsten wirtschaftlichen Eckdaten inklusive Wertschöpfungskette, Darstellung der Unternehmensentwicklung
- Übersicht Vermögen: Insbesondere Liegenschaften, Filialen, Maschinen
- Personal: Übersicht Mitarbeiter und Management
- Zeitplan: Darstellung der wesentlichen Milestones inklusive Zuständigkeiten
- Unterlagen & sonstige für das Verständnis wesentliche Eckdaten: Darstellung aller relevanten Projektunterlagen zur Sicherstellung einer effizienten Vorgehensweise (idealerweise in Form einer Checkliste). Dazu gehören unter anderem Jahresabschlüsse der letzten 3 Jahre, detailliertes Vermögensverzeichnis, OP-Listen, Saldenlisten. Aufstellung der Verbindlichkeiten, Sicherheiten für Bankkredite, Aufstellung Eventualverbindlichkeiten, Controllingauswertungen, Anlagenübersicht, Leasingvereinbarungen, Budgets und Planungsrechnungen
Unternehmensanalyse
Dieser Abschnitt umfasst eine Analyse der letzten 3 Jahresabschlüsse und fasst die wesentlichen Eckdaten und wirtschaftlichen Entwicklungen zusammen. Zur besseren Übersicht empfiehlt sich außerdem eine strategische Analyse in Form einer SWOT Analyse.
Die nachfolgenden Darstellungen zeigen exemplarisch Auszüge aus der Analyse und Planung eines fiktiven Unternehmens. Die Erfolgsanalyse sollte im Sanierungsplan zum besseren Verständnis sowohl tabellarisch als auch grafisch dokumentiert sowie um textliche Erklärungen der wesentlichen Entwicklungen ergänzt werden.
Weiterführende Links
- Weitere Informationen zur Analyse der IST Situation finden Sie im Artikel Kennzahlenanalyse.
- Finden Sie Anleitungen zur Erstellung eines direkten und indirekten Finanzplans
Ermittlung Kapitalbedarf für Sanierungsplan
Im Zuge der Erstellung des Sanierungsplans nimmt die Errechnung des Kapitalbedarfs für die Erfüllung des Sanierungsplans eine zentrale Rolle ein.
- Dabei werden die Verbindlichkeiten des aktuelles Status im ersten Schritt um Zusatzpassiva ergänzt. (z.B. Kosten für Beendigung von Arbeitsverhältnissen und Bestandsverträgen)
- In einem zweiten Schritt müssen die (anfechtungsfesten) Sicherheiten abgezogen werden, sodass ungesicherten Passiva verbleiben.
- In einem dritten Schritt wird der Kapitalbedarf für die unbesicherten Gläubiger berechnet. Die Quote liegt in der Praxis nicht selten aufgrund eines höheren Status zu Liquidationswerten über 20%.
Beachten Sie:
Nicht selten sind fehlende Umsatzsteuerkorrekturen im Zuge der Restschuldbefreiung bei Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie die Vernachlässigung von Sanierungsgewinnen Teil von mangelhaft vorbereiteten Sanierungsplänen.
Unter Hinzurechnung von Kosten des Verfahrens und der Steuerbelastung aus Sanierungsgewinnen ergibt sich der Gesamtkapitalbedarf zur Erfüllung des Sanierungsplans. Im Zuge des Verfahrens muss der zuständige Insolvenzverwalter den angebotenen Sanierungsplan auf Angemessenheit prüfen. Die Höhe der Barquote ist dabei wesentlich von den Erlösen bei konkursmäßiger Verwertung abhängig. Ist die Quote in einem Liquidationsfall besser als die Barquote, so empfiehlt es sich diese zu erhöhen und so die Gläubiger jedenfalls besser zu stellen.
Grundsätzlich kann diese Vorgehensweise auch für die Berechnung des Kapitalbedarfs eines außergerichtlichen Ausgleichs genutzt werden. Beachten Sie, dass hierbei der Zeitpunkt der Quotenbedienung verhandlungssache ist sowie etwaige Gerichts- und Verfahrenskosten entfallen.
Weiterführende Links
Finden Sie hier weiterführende Informationen zu den Vor- und Nachteilen eines außergerichtlichen Vergleichs.
Maßnahmenübersicht zur Erfüllung / Finanzierung der Quoten
Der Sanierungsplan muss neben der Darstellung der Quotenerfordernis auch eine Übersicht zur Finanzierung desselben enthalten.
Diese kann durch folgende Quellen finanziert werden:
- Cash Flow aus dem Ergebnis
- Reduktion von nicht betriebsnotwendigem Vermögen
- Working Capital Optimierungen / Effekte (Lager- und Forderungsabbau, Aufbau von Verbindlichkeiten ggü Neugläubigern wie Lieferanten, Finanzamt, Gebietskrankenkasse)
- Externe Kapitalzufuhr (Eigenkapital, Fremdkapital)
Zeigt der Finanzplan auch nach Berücksichtigung der oben erwähnten Maßnahmen einen Kapitalbedarf, so könnte dieser beispielsweise durch Rückstehungserklärungen auf die Quote kurzfristig vermindert werden.
Status zu Liquidationswerten
Die verständliche Darstellung des Status zu Liquidationswerten dient im Sanierungsplan zur Angemessenheitsprüfung eines Sanierungsvorschlags. Dabei werden in der Praxis den Gläubigern die Varianten
- Liquidation und
- Fortführung unter Berücksichtigung eines Sanierungsplans
nachvollziehbar gegenübergestellt.
Wie oben erwähnt, ist die Höhe der Barquote dabei wesentlich von den Erlösen bei konkursmäßiger Verwertung abhängig. Ist die Quote in einem Liquidationsfall besser als die Barquote, so empfiehlt es sich diese zu erhöhen und so die Gläubiger jedenfalls besser zu stellen.
Weiterführende Links
Weitere Informationen zur korrekten Vorgehensweise bei der Errechnung des Status zu Liquidationswerten sowie Vorlagen finden Sie im folgenden Artikel:
Kurzfristiger Finanzplan
Der kurzfristige Finanzplan zeigt die geplanten Ein- und Auszahlungen im Zeitraum des Sanierungsverfahrens (3 Monate) und nimmt neben der Errechnung der Quotenerfordernis eine zentrale Stellung ein.
Beachten Sie:
Besonders wichtig ist der Finanzplan im Hinblick auf eine regelmäßig von Insolvenzverwaltern geforderte Fortführungsgarantie oder Fortführungskaution.
Fortführungsgarantien werden von Gesellschaftern häufig gefordert, wenn Fortbetriebsverluste für den Zeitraum des Sanierungsverfahrens zu erwarten sind. Scheitert das Sanierungsverfahren, würden ohne entsprechende Sicherheiten bei laufenden Verlusten die Insolvenzgläubiger im Vergleich zu einer sofortigen Schließung und Liquidation schlechter gestellt. Aus diesem Grund ist die kurzfristige Fortführungsplanung auch im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung trotz mangelnder gesetzlicher Verpflichtung (§169 IO schreibt einen kurzfristigen Finanzplan lediglich im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung vor) empfehlenswert.
Um mögliche Fortbetriebsverluste erkennen, planen und überprüfen zu können ist die Erstellung einer Erfolgsplanung sowie ein indirekter Finanzplan für den Planungszeitraum empfehlenswert. Diese erleichtert es den Eingang von Altforderungen sowie die Ergebnisse des Fortbetriebes nachzuvollziehen und laufend (zumindest wöchentlich im Zeitraum des Sanierungsverfahrens) zu überprüfen.
Nachfolgende Tabellen zeigen Vorlagen eines direkten und indirekten Finanzplans nach dem Gutachten KFS / BW2 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, welche jedenfalls Teil eines professionell vorbereiteten Sanierungsplans sein sollten.
Weiterführende Links
Hier finden Sie Vorlagen für die Erstellung eines indirekten Finanzplans.
Mittelfristiger Finanzplan & Sanierungsplanbilanz
Der Sanierungsplan ist durch einen mittelfristigen Finanzplan (zumindest 2 Jahre) zu ergänzen. Diese ist nachvollziehbar darzustellen, sodass durch klar dokumentierte Maßnahmen die Zahlungsfähigkeit auch unter Berücksichtigung der restlichen Quoten aufrecht erhalten werden kann.
Außerdem ist die Erstellung einer Sanierungsplanbilanz zu empfehlen. Diese zeigt das Bilanzbild nach Erfüllung des geplanten Sanierungsplans. Besonders ist dabei auf die Entwicklung des Eigenkapitals zu achten sowie zu überprüfen, ob die geplanten Maßnahmen ausreichen um eine allfällige Überschuldung zu beseitigen.
Fazit
Für die erfolgreiche Erfüllung eines Sanierungsplans bedarf es einer professionellen Vorbereitung und Abwicklung durch ein erprobtes und flexibles Team aus Anwälten, Beratern und Sanierungsmanagern. So können alle Beteiligten zeitnah und lösungsorientiert in den Sanierungsprozess eingebunden und die Chancen der erfolgreichen Entschuldung deutlich erhöht werden.
Haben Sie Fragen? Benötigen Sie Unterstützung bei der Erstellung eines Sanierungsplans oder Entschuldung Ihres Unternehmens? Gerne unterstützen wir Sie!
Benedikt Brand hat im Zuge der Covid-19 Krise zur Unterstützung von Unternehmern in Not den Praxisratgeber SOLVENT.at ins Leben gerufen. Das Ziel ist Entscheidungsträger über Sanierungs- und Restrukturierungsmöglichkeiten aufzuklären und so Wertschöpfungsketten zu erhalten.
FAQ
Im nachfolgenden Abschnitt finden Sie oft gestellte Fragen kurz zusammengefasst:
Was ist ein Sanierungsplan?
Der Sanierungsplan dient der Vorbereitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens und muss – um angenommen zu werden – gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Weitere Details finden Sie im vorliegenden Beitrag.
Was ist ein Sanierungsverfahren?
Ein Sanierungsverfahren ermöglicht die Sanierung und anschließende Fortführung eines insolventen Unternehmens. Das Sanierungsverfahren kann dabei mit und ohne Eigenverwaltung beantragt werden. Beachten Sie jedenfalls die gesetzlich geregelten Anforderungen an einen Sanierungsplan.
Was sind Masseforderungen?
Im Zuge eines Sanierungsverfahrens entstehen bei der Fortführung des Unternehmens eine Vielzahl von Forderungen gegen die Insolvenzmasse (= Masseforderungen).
Masseforderungen sind vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger aus der Masse (also dem, was nach Absonderung und Befriedigung der Absonderungsgläubiger noch übrig ist) bei Fälligkeit in vollem Umfang zu befriedigen. 4)§46 IO Wird dem Massegläubiger die Befriedigung verweigert, so kann er sich um Abhilfe an das Insolvenzgericht wenden oder seine Ansprüche gegen den Masseverwalter (beispielsweise bei Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung) einklagen. 5)§124 IO
Referenzen